VERGESSENE KINDER

Eine bisher nicht berücksichtigte Opfergruppe sind die zum Zeitpunkt der Inhaftierung bereits lebenden Kinder von Verfolgten.

Verschiedenfarbige, herzförmige Luftballons fliegen gen Himmel. Bild in schwarz-weiß.

Vergessene Kinder

Handreichung „Vergessene Kinder“

Eine bisher nicht berücksichtigte Opfergruppe sind die zum Zeitpunkt der Inhaftierung bereits lebenden Kinder von Verfolgten. Meißt durch eine mißglückte Republickflucht oder grundlose Verhaftung der Eltern wurden die Kinder von ihren Eltern getrennt. Die Kinder waren damals alle zwischen drei und sechzehn Jahre alt, kamen kurzeitig in Heimen unter bis zur Übenahme in Privatpflege.

Bevor es zur Verhaftung der Eltern kam, gab es permanente Überwachung durch die Stasi. Die Vehaftung der Eltern vor den Kindern, die plötzliche Trennung von den Eltern hat große Angst und Hilflosigkeit ausgelöst. Das Ausgeliefertsein und Verlassen werden ohne Erklärung zur Situation, nicht zu wissen was jetzt mit den Eltern und „mir“ passiert sind nachhaltig und von traumatisierender Wirkung.

Die private Pflege bei Großeltern, Verwandten und Freunden, war natülich die bessere Alternative zum Heim. Viele der Kinder wußten nicht wo ihre Eltern verblieben sind. Kontaktsperre zwischen Kindern und Eltern war den Pflegepersonen aufgetragen. Die Fragen der Kinder zum Verbleib ihrer Eltern wurden mit Ausreden wie „sie arbeiten im Ausland“(Lügen), beantwortet. Wenn bekannt war, dass die Eltern im Gefängnis sind, wegen Republikflucht, ging für die Kinder schon im Kindergarten und in der Schule ein Märtyrium los. Lehrer und Erzieher hatten keine Scham die Kinder vor der Klasse wegen ihrer Eltern zu demütigen. Die Fürsorge des Staates galt diesen Kindern nicht.

Die lange Haftzeit der Eltern über Jahre, die zwangsweise Trennung der Kinder von den Eltern hat beträchtiche Schäden hinterlassen, wie Verdrängung, Ablenkung, Beziehungsprobleme, Angst, Mißtrauen, Unklarheiten zwischen Eltern und Kindern: Warum diese Verhaftung und Desinformation?

Die Nachkommen politisch Verfolgter sind bisher nicht beachtet worden. Beträchtliche und langandauernde Folgeschäden sind bekannt. Die bereits vergangen Jahre schleifen die traumatischen Erlebnisse mit sich, sind im Alltag angekommen und angenommen, aber werden von der Gesellschaft nicht wahrgenommen. Ob Heimkind oder in Obhut der Verwandten, die zwangsweise Trennung macht diese Kinder zu Opfern durch das in der DDR verübte Unrecht.

Ausdruck von Respekt, Wertschätzung und Wohlwollen gegenüber den „Opfer-Abhängigen“ von Seiten des Staates und der Gesellschaft ist eine Form. Eine geeignte Form zur Wiedergutmachung ist die Annerkennung und Rehabilitierung der Nachkommen der Verfolgten. Das kann eine anlog zur sogenannten „Opferrente“ eine „Opfer-Abhängige“ Rente sein.

Unsere Bitte ist deshalb eindringlich, sich dafür einzusetzen, dass den Nachkommen von Opfern politischer Verfolgung in der ehem. DDR angemessene Wiedergutmachung gewährt wird.  

(Autorin: Konstanze Helber als Interessenvertreterin des Süddeutschen Freundeskreises Hoheneckerinnen)